Rückschlüsse auf Eigenschaften -
Chemische Strukturformeln helfen bei der Auswahl des richtigen Dichtungsmaterials
Bei welchem Anwendungsfall welche Dichtung? Diese Frage ist in der Regel relativ leicht zu beantworten, wenn die Medien, gegen die abgedichtet werden soll, in den Beständigkeitslisten stehen. Schwieriger wird es, wenn die Medien nicht genau bekannt sind oder es sich um eine „exotische“ Chemikalie handelt. Gute Hinweise darauf, welcher Dichtungswerkstoff geeignet sein könnte, ergeben sich durch den Vergleich der Strukturformeln. So lassen sich relativ schnell passende Dichtungen auswählen.
Von Dr. Jörg-Hubertus Wilhelm – Theodor Winkel GmbH
In der Praxis der Dichtungstechnik kommt es oft vor, dass man mit Anwendungsfällen konfrontiert wird, die sich anhand von Beständigkeitslisten und aus den eigenen Erfahrungswerten nicht vorbehaltlos beantworten lassen. Dies gilt besonders bei der Beurteilung „exotischer“ Chemikalien, die in den üblichen Listen nicht auftauchen. Soll ein Elastomer als Dichtungswerkstoff Verwendung finden so hilft dann manchmal ein Blick in das Sicherheitsdatenblatt der Chemikalie weiter. Unter Punkt 8 des Sicherheitsdatenblattes finden sich Ratschläge zur persönlichen Schutzausrüstung. Teilweise wird hier eine Materialempfehlung für die Schutzhandschuhe abgegeben, oft eingeschränkt durch den Hinweis, dass ein Schutz nur in begrenztem zeitlichem Rahmen möglich ist. In solch einem Fall oder wenn keine Empfehlung genannt wird, dann ist es nötig, mehr Informationen über diese Chemikalie herauszufinden.
Die Ergebnisse von Suchabfragen im Internet liefern im günstigsten Fall einen direkten Bezug zur Dichtungstechnik mit Angabe geeigneter Werkstoffe. Ist das nicht der Fall so sollte man zwischen anorganischen und organischen Chemikalien unterscheiden:
Trockene Salze sind normalerweise problemlos mit allen Elastomeren abzudichten. Allerdings bilden salzartige anorganische Chemikalien oft nicht-neutrale, wässrige Lösungen. Dies kann schon durch die Luftfeuchtigkeit von äußerlich anhaftenden Substanzpartikeln passieren. Informationen über das charakteristische Verhalten (pH-Wert) finden sich auch im Sicherheitsdatenblatt (Punkt 9 physikalische und chemische Eigenschaften), in Datenbanken der Chemikalienhersteller (z.B. bei Fa. Merck) oder in online-Lexika (z.B. Wikipedia). Bei neutralen Lösungen sind genauso wie bei trockenen Salzen praktisch alle Werkstoffe geeignet. Saure Lösungen werden z.B. mit EPDM, BR, CR, CSM und FKM und basische Lösungen werden z.B. mit BR, EPDM und CSM abgedichtet.
Autor: Dr. Jörg-Hubertus Wilhelm; der promovierte Chemiker ist Leiter Controlling/Kalkulation der WST-Winkel GmbH, Langenhagen, Fax +49 511 72632-72, E-Mail: wilhelm@wst-winkel.de, www.wst-winkel.de
Quellen:
Artikel wurde/wird veröffentlicht im:
"Technischer Handel" 07/2012 (VTH/Vincentz)
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